Normalerweise bin ich diejenige, die das Kind quer um den Globus schleift. Die Akzeptanz meines Ex-Mannes setze ich blind voraus.
Dennoch bin ich jedes Mal wie vom Donner gerührt, wenn er mir eröffnet, dass auch er alleine mit ihr in den Urlaub fahren möchte.
Im ersten Moment würde ich gerne jedes Mal das Vorhaben mit „NEIN“ abschmettern. Allerdings plane ich auch 365 Tage im Jahr Reisen und Ausflüge, ohne auch nur einen Gedanken an ihn zu
verschwenden.
So muss ich die Beiden, samt neuer Partnerin, ziehen lassen.
Auch muss ich mich wochenlang „mitfreuen“, dass sie bald in den Urlaub fahren darf. Als Krönung meiner filmreifen Darbietung stehe ich dann noch dümmlich grinsend am Flughafen und schlucke den
Kloß herunter, der sich in mir manifestiert.
Was also tun, wenn das Kind mit dem Ex-Partner verreist und man alleine zu Hause bleibt? Hier erfährst du, wie die Rechtslage ist: Was musst du zulassen, wogegen kannst du vorgehen?
DAS GEMEINSAME SORGERECHT
Das gemeinsame Sorgerecht ist Segen und Fluch zugleich!
- Segen = das Kind hat einen Papa, der sich (im Idealfall) liebevoll kümmert. Das ist bei mir glücklicherweise der Fall.
- Fluch = man muss ALLES absprechen und abnicken lassen, auch wenn man demjenigen nichts mehr zu sagen hat.
Wenn nach der Trennung böses Blut fließt, kann das Reisevorhaben schnell zum Kräftemessen der Elternteile ausarten.
Wann lässt man das Kind nun mitfahren und wann nicht?
Am einfachsten ist es, wenn man sich einig wird und ein Grundvertrauen da ist.
Wenn ein regelmäßiger Umgang im Alltag stattfindet, das Kind gerne mit dem „Anderen“ zusammen ist und sich wohlfühlt.
Wenn der Ex-Partner sich gut kümmert, Absprachen einhält und eine vernünftige Kommunikation möglich ist, dann spricht auch meiner Meinung nach nichts gegen einen gemeinsamen Urlaub.
Grundsätzlich darf jeder Sorgeberechtigte auch ohne Einwilligung des anderen Elternteils mit dem Kind verreisen.
- Für den Fall einer Flugreise sollte jedoch eine Reiseerlaubnis unterschrieben werden.
- Auch eine Kopie des Ausweises zum Abgleich der Unterschrift braucht der Ex-Partner. Gerade bei alleinreisenden Vätern wird genau hingeschaut und an einem kritischen Grenzbeamten kommt man nicht so leicht vorbei.
Was tut man nun, wenn man strikt gegen den Urlaub ist?
Ganz einfach: Du lehnst den Vorschlag freundlich ab und erklärst ruhig und sachlich deine Argumente die dagegensprechen.
- Grundsätzlich darf nämlich nur verreist werden, wenn du dein Einverständnis gegeben hast.
Vielleicht könnt ihr euch in einem sachlichen Gespräch auf eine Alternative einigen: kürzerer Zeitraum oder ein anderes Reiseland.
Wenn alle Verhandlungen gescheitert sind, du nicht zustimmst und das Reisevorhaben trotzdem umgesetzt wird, handelt dein Ex-Partner rechtswidrig!
Dies kann schwerwiegende Folgen haben und ein Strafverfahren wegen Kindesentführung nach sich ziehen.
DAS ALLEINIGE SORGERECHT
Auch wenn Du das alleinige Sorgerecht hast, hat der Ex-Partner normalerweise immer noch das Umgangsrecht.
Das bedeutet, je nachdem wie der Umgang geregelt ist, darf auch das Kind mit dem Umgangsberechtigten in den Urlaub fahren.
- Ein gemeinsamer Urlaub gehört zum Umgangsrecht dazu.
Deshalb musst du trotzdem noch lange nicht allem zustimmen!
Falls der Ex-Partner sein Reisevorhaben nach deiner Ablehnung trotzdem durchziehen möchte, müsste er das gerichtlich erstreiten.
Dem Kind zuliebe solltet ihr aber auf einen Rechtsstreit verzichten und euch um eine vernünftige, friedliche Lösung bemühen!
Das Gericht unterscheidet dann zwischen:
-
Angelegenheiten des alltäglichen Lebens
und
- Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung
Während des Umgangs hat der Umgangsberechtigte bei „Angelegenheiten des alltäglichen Lebens“ das Recht, Dinge ohne Absprache regeln zu dürfen.
Sind Reisen nun alltäglich?
Oder schon von „erheblicher Bedeutung“ für das Kind?
- Leider ist die Gesetzeslage nicht eindeutig definiert.
Grob lässt sich allerdings sagen, dass Reisen innerhalb Deutschlands, sowie den Nachbarländern als prinzipiell unproblematisch eingestuft werden und in den Bereich des „Alltäglichen Leben“ fallen. Wohingegen Fernreisen kritischer gesehen werden und tendenziell in die Sparte von „erheblicher Bedeutung“ fallen und somit eher gerichtlich abgelehnt werden.
Zusammenfassend lässt sich feststellen:
- Wenn die Reisepläne gegen deinen Willen geschehen und ihr euch einfach nicht einigen könnt, müsste ein Gericht darüber entscheiden.
Im Kindesalter der „Gegenstand“ des Streits der eigenen Eltern zu sein, ist eine schwere Bürde für zarte Kinderschultern.
Kinder sollten doch unbeschwert, glücklich, geliebt und frei aufwachsen können und nicht zwischen zwei verhärteten Fronten, die sich nur noch durch die Hilfe Dritter zu helfen wissen, zurechtfinden müssen.
Packen und Abschied
Kleinere Kinder können den Koffer noch nicht selbst packen.
Daher gibt es zwei Möglichkeiten:
- Man packt selbst, oder lässt den Ex packen. Den Ex-Partner in die Wohnung zu lassen, ist vielleicht nicht die attraktivste Lösung.
In meinem Fall aber die Bessere. Ich musste mir immer anhören, dass dieses oder jenes nicht eingepackt wurde.
Jetzt lasse ich einfach selbst packen, werfe lediglich einen mütterlichen Blick in den Koffer und lege noch unauffällig fehlenden Dinge hinein.
Am Flughafen drücke ich nicht auf die Tränendrüse, sondern packe mein schauspielerisches Talent aus und verabschiede mein Kind ganz normal, wie sonst auch. Ich möchte ihr nicht das Gefühl geben, es würde mich traurig machen, wenn sie jetzt zwei Wochen mit Papa in den Urlaub fährt.
Ich bekräftige noch gefühlt hundertmal, dass es ja soooo toll sei, dass sie jetzt in den Urlaub fahren darf, in die Sonne kommt, während ich hier im kalten Deutschland ja „eh nur arbeiten“ muss.
Hach ja, Applaus, bitte!
Während ich dann zum Auto gehe und die Tränen unterdrücke, klopft mir Mutter Teresa aufmunternd auf die Schulter und flüstert: „Gut gemacht! Eines Tages bekommst du es zurück!“
Was tun mit der gewonnenen Freiheit? über Kontakt und Vertrauen
„Ihr Papa möchte auch nur das Beste für sie.“ - Das sage ich mir immer wieder, wenn Zweifel hochkommen.
Spätestens alle zwei Tage telefonieren wir und ich bekomme Bilder geschickt.
Ein regelmäßiges Update ist mir sehr wichtig, hänge aber nicht vor dem Handy und warte sehnsüchtig auf ein Lebenszeichen.
Ich vertraue darauf, dass ich informiert werde, wenn es etwas Wichtiges gibt.
Da ich tatsächlich die meiste Zeit arbeite, wäre ich ohnehin auf Fremdbetreuung angewiesen.
Schön zu wissen, dass der Papa sich kümmert und sie eine schöne Zeit verbringen.
Außerdem bietet sich an, die gewonnene Freizeit zu nutzen, um lang angefallene Dinge von der Want-to-do-Liste zu streichen.
- Ausmisten, Entrümpeln oder Renovieren
- Ausgehen, abends noch Freunde treffen
- Einfach selbst verreisen :)
- Überstunden machen
Wie du siehst, kannst du die Zeit sinnvoll nutzen und genießen. Mach dir nicht zu viele Sorgen. Die sind meistens unbegründet.
Meine abschließenden Gedanken zum Thema
Sofern auch zu Hause ein regelmäßiger Kontakt stattfindet, der Andere zuverlässig und vernünftig handelt und alles zum Wohle des Kindes entscheidet, sollte man dem Reisevorhaben nicht unnötig Steine in den Weg legen.
Auch Eifersucht, weil der „neue“ Partner ebenfalls mit von der Partie ist, sollte außen vor bleiben.
Ob es gefällt oder nicht, trägt das Kind keine Schuld an der Situation und sollte weder als Druckmittel, noch als Instanz benutzt werden, dem Anderen zu
schaden.
Wenn das Kindeswohl gefährdet ist, kein Vertrauen oder regelmäßiger Umgang stattfindet, darf und sollte ein NEIN zur Reise klar kommuniziert werden.
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Dort findest du auch eine praktische Checkliste mit den wichtigsten Punkten, um gut vorbereitet zu sein.
Ich wünsche mir, dass ich dir in diesem Beitrag deine Rechte erklären konnte und dir bei der Entscheidung, ob du dein Kind mit dem ex verreisen lassen solltest, eine Hilfe war.
Bist du auch in einer ähnlichen Situation? Wie handhabt ihr das? Lass mich gerne an deinen Sorgen und Ängsten teilhaben.
Schreibe mir dazu gerne einen Kommentar, damit ich und andere Betroffene davon lernen können.
🪄Zauberhafte Grüße Linda
von ✨ Irgendwo mit Kind
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